Das Eigentum hat von mir ganz klare Regeln bekommen. Welche er auch mindestens genauso sehr wollte, wie er sie braucht. Nach und nach wurden es immer mehr, jedoch würde ich mal behaupten, dass unser Regelwerk trotzdem durchaus noch gut überschaubar ist. Lustigerweise sind die allermeisten Vorgaben so organisch mit unserer Beziehung gewachsen, dass sie sich kaum noch wie wirkliche „Regeln“ anfühlen, auch wenn sie als genau solche begonnen haben. Nun baut er seine Kameras auf, wenn er die Wohnung wechselt, als hätte er es schon immer so gemacht, „aus Versehen“ getrunkene Colas kommen so gut wie gar nicht mehr vor und alle Punkte auf seiner täglichen To Do Liste werden zuverlässig und regelmäßig abgehakt. Und auch all meine anderen Regeln, wie z.B. die zum Sport, dem Onlineverhalten, der Kommunikation usw. werden inzwischen sehr gewissenhaft beachtet und ausgeführt.
Auf der gefürchteten „Liste der Verfehlungen“ stehen von Monat zu Monat immer weniger Verstöße.
Unerlaubte Orgasmen, die am Anfang unseres Miteinanders noch ein großes Thema waren, gibt es inzwischen eigentlich gar nicht mehr.
Und warum ist das so? Stehe ich ununterbrochen mit dem Rohrstock hinter ihm und schaue ihm auf die Finger? Bei Weitem nicht so oft, wie er das womöglich gerne hätte, denn ich habe zugegebenermaßen besseres mit meiner Zeit zu tun, als böse Gouvernante zu spielen. Verbockt er etwas, so sagt er es mir meist ganz von alleine. Dann trägt er seine Verfehlung in die Liste ein und schickt mir ein Foto davon. Und ich befasse mich dann damit, wenn es mir passend und richtig erscheint. Die Entscheidung das so zu handhaben, rührt daher, dass ich es ganz ehrlich nicht einsehe, unser schönes Miteinander davon kaputt machen zu lassen, dass ich mich mit ärgerlichen Dingen befassen muss, obwohl ich es eigentlich gerade gar nicht möchte. Insbesondere, da wir nicht gemeinsam leben, sondern uns unsere Zeit der Zweisamkeit gut einteilen müssen, ist mir das wichtig.
Es gibt auch kein festgelegtes Strafmaß für die einzelnen Vergehen. Vornehmlich entscheide ich das relativ spontan und nach Gefühl. Dabei kommt es mir tatsächlich sehr auf die Umstände an, wie es zum Regelbruch kam. Er bekommt also durchaus die Möglichkeit sich zu erklären. Habe ich den Eindruck, zur Regelverletzung kam es z.B. durch Desinteresse oder Bequemlichkeit, wiegt das für mich schwerer, als wenn es etwa durch äußere Umstände einfach nicht möglich war, sich daran zu halten.
Im Großen und Ganzen gehe ich davon aus, dass mein Partner ein erwachsener, vernünftiger Mensch ist, den ich nicht erst wie ein Kind „erziehen“ muss, damit er lebens- und gesellschaftsfähig wird. Aber wir haben uns beide für eine FLR mit BDSM Elementen, also eine Beziehung mit klarem Machtgefälle, entschieden. Weil wir das so wollen und brauchen – und wir uns genau damit wohlfühlen. Er genießt also klare Vorgaben und konsequente Führung, und ich liebe es, den Ton anzugeben, im Wissen, dass mir auch verlässlich und loyal gefolgt wird.
Nun sind Strafen im BDSM Kontext ja auch immer so eine gewisse Gradwanderung: Zum einen sollen sie effektiv sein und auf der anderen Seite sollen sie trotzdem auch … nun ja… Spaß machen. Genau: sie machen uns Spaß. Dem Eigentum nicht immer und nicht jedes Mal direkt, aber das Wissen um das, was da auf ihn zukommt, die Aufregung und das Gefühl seiner Machtlosigkeit, so wie das deutliche Aufgezeigtbekommen seiner Position unter mir, das alles kann er durchaus erotisieren und auf eine besondere Weise genießen.
Ich selbst habe Freude daran, mir entweder überraschende, kleine Gemeinheiten auszudenken, oder einfach mal mit triftigem, guten Grund meiner Begeisterung für ein gutes Spanking zu frönen, eine Begeisterung, die mein Eigentum leider nur sehr bedingt teilt.
Was ich nicht möchte und auch noch nie gemacht habe, ist das Strafen in der Wut. Bin ich wütend, enttäuscht oder traurig, so ziehe ich mich eher mal etwas zurück, um mich zu sortieren. Für Kink ist dann nicht der richtige Zeitpunkt, dafür muss ich mich wohl und sicher fühlen. Außerdem wären mir Strafen im Zorn, viel zu nahe am Thema „häusliche Gewalt“, als dass ich mich damit anfreunden könnte.
Und tatsächlich ist es so, dass ich Regelverstöße durchaus emotional meist sehr gut von wirklichen Beziehungsthemen trennen kann: Bei Regelverstößen gibt es den Arsch voll, bei Beziehungsproblemen wird miteinander gesprochen und eine Lösung gesucht. Und nach Möglichkeit niemals andersherum.
Sobald ich eine Strafe mit Kinkkontext verkünde, kann das Eigentum also sehr sicher sein, dass wir letztendlich gar nichts mehr zu klären haben und die Sache danach komplett abgehakt ist.
Ich kann mich bisher tatsächlich nur an eine einzige Situation erinnern, in welcher es mir nicht so ganz gelungen ist, diese Trennung der Thematiken „Kink“ und „Emotionalität“ wirklich klar durchzuziehen. Weil sich beides einfach auf verschiedenen Ebenen stark miteinander verwoben hatte. Aber ich denke, dass auch diese Situation letztendlich sehr dazu beitrug, dass wir das Konzept, nach welchem wir leben wollen, nur noch klarer sehen.

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