Ein Thema, welches mir immer wieder bei (Male-?) Subs begegnet, ist die Ambivalenz.
Der Umgang damit und das Verständnis dafür, fällt mir unverhältnismäßig schwer, obwohl ich doch immer wieder intensiv und auch über lange Zeiträume damit konfrontiert wurde und werde.
Ich selbst bin überhaupt kein ambivalenter oder wankelmütiger Mensch. Wenn ich etwas will, dann sorge ich dafür, dass ich es kriege. Und wenn ich es dann habe, freue ich mich. Wenn ich etwas erleben oder ausprobieren möchte, tue ich dies meist zeitnah, und falls es am Ende doof war, habe ich etwas gelernt. Und ich weiß dennoch, was mich mal daran reizte.
Dies scheint jedoch nicht unbedingt der Empfindungswelt so mancher devoten Männer zu entsprechen. Da wird jahrelang über etwas fantasiert und wenn es dann ans Erleben geht, wird nicht selten entweder gekniffen, oder man ist entsetzt ob der Diskrepanz zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Ganz so, als wäre das nicht zu erwarten gewesen.
Meiner Erfahrung nach, ist der internationale Leit- und Wappenspruch des männlichen Devotees: „Zwinge mich brutal zu dem, was ich mir ohnehin sehnlichst wünsche!“ und als Fußnote steht darunter dann vielleicht noch: „Wasch mich, aber mach mich bloß nicht nass“.
Suchende Femdoms können ein Lied davon singen, wie viele Anschreiben man da von hoffnungsvollen Männern bekommt, deren Inhalt sich sehr konkret darum dreht, wie die „verehrte Herrin“ ihn hemmungslos zu einer von ihm genau vorgegebenen Auflistung detaillierter Drehbücher zwingen dürfe. Oder wie selbstlos er diese oder jene Tortur angeblich für die Dame auf sich nehmen wolle.
Ich frage mich da immer, wofür er mich überhaupt braucht. Als Alibi für seine versauten Wünsche? Als Schaukelanschubserin?
Er scheint doch sehr genau zu wissen, was er wann und wo und von wem auflecken möchte – und wie viel davon. Warum also nicht einfach losziehen und es fröhlich genau so machen? Warum soll da eine Frau dahinter stehen, die ihn nötigt? Aus meiner persönlichen Sicht, müsste es doch deutlich spannender sein, zu Dingen gezwungen zu werden, die man eben nicht vorher als Regieanweisung vorgelegt hat. Aber gut, das ist ja nun eh nicht mein Spielplatz.
Wo diese Ambivalenz sich allerdings wirklich, wirklich störend auf mein Wohlbefinden auswirkt ist, wenn jemand der mir nahe steht, sich etwas sehnlichst wünscht, wohl auch noch von mir, und dann im Nachhinein damit hadert, es tatsächlich bekommen zu haben. Und im schlimmsten Fall sich und mir auch noch intensive Vorwürfe macht.
Das nimmt mich jedes Mal richtig mit! Und leider bin ich wohl noch lange nicht abgefuckt genug, ihm gelassen zu vermitteln, dass das ja irgendwie wirklich nicht mein Problem sein sollte.
Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass das einer der Punkte sein dürfte, an welchem D/s Beziehungen immer wieder scheitern: der submissiven Ambivalenz.
Es ist so unglaublich frustrierend, auf der einen Seite Kinkprovider, und auf der anderen Sündenbock und Kummerkasten genau für diesen Kink sein zu sollen. Das geht auf lange Sicht auch gar nicht! Verlangt wird es dennoch gar nicht selten.
Ich meine damit keineswegs, dass man in einer D/s Beziehung nicht über die eventuell auftretende Diskrepanz zwischen Fantasie und Wirklichkeit sprechen sollte, oder darüber, was unsere Fantasien tatsächlich mit uns machen. Das empfinde ich im Gegenteil als ungeheuer wichtig! Nein, es geht mir darum, dass es einfach weder gesund noch fair ist, die Verantwortung für die eigenen Wünsche auf Andere zu übertragen. Auch, wenn das vielleicht ein Teil des besonderen „Kicks“ ist.
Schuldgefühle und Selbstzweifel mögen zwar äußerst intensive, krasse Gefühle sein, und somit einen großen Reiz ausüben, sind aber weder für die eigene Seele gut, noch für die des dominanten Gegenübers. Es ist durchaus möglich, Submissivität und Devotion in Einklang mit den eigenen Wünschen und Kinks zu bringen, ohne sich selbst zu verlieren, oder der Liebsten die Zügel aus der Hand zu nehmen. Es erfordert allerdings ziemlich viel Selbstreflexion, Selbstakzeptanz und Vertrauen. Aber auch wenn es wahnsinnig anstrengend ist: genau das ermöglicht es überhaupt, eine stabile Beziehung zu leben, in der Kink, Führung und Hingabe eine echte Rolle spielen dürfen.
Und was, bitte, könnte es denn schöneres geben?!

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