Warum eigentlich FLR?

Warum möchte man eine Beziehung eingehen, die ganz klar von einem der beiden Partner geführt wird? Weshalb entscheidet man sich bewusst gegen Augenhöhe und für D/s? Was erhofft man sich davon?

Nun, ich kann selbstverständlich nicht für andere sprechen, sondern nur für mich selbst. Und ich behaupte, für mich käme ein anderes Beziehungsmodell derzeit überhaupt nicht infrage. Ich fühle mich so wohl, wenn ich weiß, die Dinge laufen in meinem Sinne, ich gebe die Richtung vor, und die wird dann auch tatsächlich eingehalten.
Ich liebe es, die Fäden in der Hand zu halten und Entscheidungen zu treffen. Und ich glaube, dass ich das in vielen Bereichen auch sehr gut kann. Jene Themengebiete, die mir nicht liegen, möchte ich allerdings nicht für meine Führung beanspruchen. So würde ich zum Beispiel niemandem einen Gefallen tun, wenn ich grundsätzlich die Buchhaltung übernähme. *schauder*
Sogenannte „FLR Stufenmodelle“, von denen ja so einige da draußen herumgeistern, wären folglich nichts für mich. Ich möchte meine eigene Beziehung entwerfen und steuern, nicht dem vorgegebenen Regelgerüst irgendeines Fremden hinterherhecheln.
So kann ich es zum Beispiel genießen, vollumfänglich über die Sexualität und Freizeit meines Eigentums zu bestimmen. Für seine Finanzen möchte ich jedoch in hundert kalten Wintern nicht zuständig sein. Klar, wenn er mich diesbezüglich um Rat fragen möchte, wäre ich für ihn und seine Fragen da – die Verantwortung für seine hoffentlich funktionierende Altersvorsorge, oder seinen Bausparvertrag kann er aber gerne behalten.

Mir ist bewusst, dass eine Beziehung immer nur genauso gut ist, wie die Menschen, die sich in ihr bewegen, miteinander harmonieren. Stellt sich einer konsequent quer, geht es irgendwann nicht mehr weiter, ganz egal, was man sich mal vorgestellt und geschworen hat. Und am besten läuft es eben, wenn man eine klare, gemeinsame Richtung hat. Bei uns ist das eben eine weiblich geführte, weil wir beide das so möchten.
Ich hatte in meinem Leben schon einige, auch wirklich langjährige Beziehungen. Und tatsächlich funktionierte auch die absolute Gleichberechtigung für mich sehr gut. Streit war nur sehr selten ein Thema für mich, die allermeisten Situationen konnten tatsächlich durch Kommunikation und Kompromissbereitschaft positiv geklärt werden.
Aber so richtig rundum wohl und mit mir selbst vollkommen im Reinen, fühle ich mich dann, wenn ich führen will, kann, darf und soll.

Auch meine Sexualität blüht erst so richtig auf, wenn man mir die Kontrolle freiwillig und gerne überlässt. Wenn ich in Sachen Erotik verspielt und kreativ sein kann, meine Ideen und Gemeinheiten auf Gegenliebe stoßen, wenn ich entscheide, wann mir wonach ist, und das mit Begeisterung aufgenommen wird, dann kann ich Gas geben.
Sollte ich hingegen passiv in diesem Zusammenhang irgendetwas, und sei es auch noch so liebevoll gemeint, über mich ergehen lassen, wird das bei mir nix mit Erregung. Da schweife ich im besten Fall mit meinen Gedanken ab, im schlimmsten fühle ich mich enorm unwohl und reagiere gereizt.
Und ganz ehrlich: meine Art von Kink und Fetisch, kann ich natürlich auch nur in einer Femdom/Malesub Konstellation so richtig ausleben und genießen. Woanders fände ein Großteil meiner Fantasien gar keinen Platz.

Keine große Rolle hingegen, das habe ich inzwischen gemerkt, spielt für mich das Thema „Arbeitserleichterung“, welches ja in Diskussionen rund um die FLR gerne mal auf den Tisch kommt. Ich könnte nicht behaupten, dass überhaupt irgendeine Beziehung, die ich bisher in meinem Leben geführt hätte, mir insgesamt das Leben nennenswert „leichter“, also weniger arbeitsintensiv, gestaltet hätte.
Ich finde es großartig, wenn mich das Eigentum chauffiert, oder ich ihm eine Aufgabe oder Besorgung aufs Auge drücken kann. Aber letztendlich investiere ich in unser Zusammensein und jeweiligen Alltag, mindestens genauso viel wie er. Was sich für mich auch absolut richtig anfühlt. Ich mag es zum Beispiel, für ihn zu kochen (ich koche generell ausgesprochen gerne) und mir bricht auch beim Abwasch kein Zacken aus der Krone.
Wenn er mir aber ein heißes Schaumbad einlässt, ein paar Kerzen anzündet, ein Glas Rotwein bereitstellt und dann artig kniend mit dem Handtuch darauf wartet, mich abtrocknen und massieren zu dürfen, dann fühle ich mich rundum wohl und zufrieden.

Ich denke, es gibt für nahezu jeden das ultimativ passende Beziehungsmodell. Allerdings muss man es sich sehr wahrscheinlich gemeinsam selber basteln, damit es wirklich stimmig wird.

(Vielen Dank an den fantastischen Myscorp, für das Bild von uns 🙂 )

Antworten

  1. Avatar von

    Vielen Dank für diese wunderschöne Beschreibung in der ich mich selbst wiederfinde. Es ist nicht dieses Gefühl von Zwang in einer FLR-Beziehung welches mich als devoter Mensch zu Höchstleistungen in Sachen Demut führen würde, es ist der Wille es zu dürfen und dass sich meine Königin dann darüber freut 🙂

    Würde meine Königin etwas erzwingen, dann würde ich mich als Dienstsklave fühlen und hätte keine Freude daran aber würde mich meine Königin zum Beispiel darum bitten, dass sie über meine bzw. unsere gemeinsame Sexualität verfügen will, dann wäre ich mit Eifer dabei, weil ich ihr diesen Wunsch erfüllen möchte, wie bei vielen anderen wünschen auch.

    Ein „ich wünsche mir von Dir“ bewirkt bei mir sofort eine demütige Haltung und ich möchte ihr diesen Wunsch erfüllen.

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    1. Avatar von Commandress

      Das klingt nach einer sehr schönen Einstellung. 😊

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