Jute oder Plastik?

Zugegeben: Mit wirklicher Bondage konnte ich sehr lange Zeit nur recht wenig anfangen. Kunstvolles Seilgeknote war mir zu frickelig, zu sehr „der Weg ist das Ziel“ und zur emotionalen Seite davon hatte ich einfach keinen Zugang – von der esoterisch-spirituellen ganz zu schweigen.
Ich bin, was das angeht, einfach viel eher praktisch veranlagt und trotz aller künstlerischen Ambitionen in anderen Bereichen, nicht wirklich seilaffin. Es schien mir zu aufwendig, zu unnötig kompliziert, zu technisch überladen. Ledermanschetten und Karabiner, das war eher mein Ding, wenn es um Fixierungen ging. Praktisch und schnell sollte das sein, ohne viel Fehlerpotenzial währenddessen und ohne großen Lernaufwand davor.
Ich habe im Laufe der Zeit selbst einige renommierte Kurse besucht, habe an Stammtischen und Fesseltreffen teilgenommen, aber das Gefühl dafür, was an der Seilarbeit so wundervoll sein kann, blieb mir dennoch lange verborgen.
Inzwischen kann ich einer gut gemachten, schönen Shibari-Fesselung durchaus zwar optisch so einiges abgewinnen, was hauptsächlich der Verdienst einiger beeindruckender Rigger (wie zum Beispiel Wolf Rope aus Karlsruhe, oder meiner Freundin M.) und deren hingebungsvollen, leidensfähigen Bunnies zu verdanken ist. Selber machen reizt mich jedoch noch nicht so wirklich.

Woran ich allerdings so richtig großen Spaß habe, ist an einer spontanen Folienbondage! Eine Mumifizierung von Kopf bis Fuß, gerne auch mit selbstklebenden Bandagen aus dem Pferdesport (danke für die Idee, Benny!), Bondagetape oder sogar Panzertape. Je weniger man danach von meinem Opfer noch erkennen kann, desto besser. Ich habe so viel Freude am Einwickeln, Festziehen, Positionieren, Verpacken, noch fester Nachziehen und Umschubsen – ich wirke dabei bestimmt wie eine irre Spinne auf Koks, in einer dramatischen Tierdoku über Länder, die man als psychisch gesunder Mensch niemals freiwillig bereisen möchte.
Meinem eigenen Anspruch an meinen persönlichen, ökologischen Fußabdruck wird diese Vorliebe zwar sicherlich nicht gerecht, aber irgendwas ist ja bekanntlich immer.
Was mich daran reizt, jemanden bis zur völligen Regungslosigkeit in so ein Kokon aus stretchy Plastikschichten zu verschnüren? Zum einen das große Vertrauen, das mir mein Gegenüber in diesem Moment freiwillig entgegenbringt. Und das irre Machtgefühl, welches daraus erwächst, dass sein Bewegungsspielraum schrumpft, während meine Handlungsfreiheit sich Lage um Lage ausdehnt.
Ist er erst einmal sicher verpackt, habe ich uneingeschränkt die volle Kontrolle. Ich kann ihn stundenlang kaum beachtet in einer stillen Ecke liegen lassen, ihn als wärmende Fußablage nutzen, während ich meine Serie schaue, oder ein paar strategisch interessante Löcher in seinen Kokon schneiden und mir dann ein paar Gemeinheiten einfallen lassen.
Die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, dass man bereits vor der ersten Folienlage gewisse Spielzeuge und Dinge mit einpackt, die sich von Außen später bequem fernsteuern und schalten lassen, sind ebenfalls in ihrem Unterhaltungswert nicht zu unterschätzen.

Wenn ich dann genug von meiner verpuppten Raupe habe, schneide ich sie einfach wieder frei. Eine Verbandschere hat sich hierfür bewährt – ein Teppichmesser tut es aber auch, falls man eine besonders mutige (oder freche Raupe) vor sich hat. Und Schmetterlinge werden sie ja eh nie…!